SHESPRINGEN presents: Das Interview mit Florian Porzig

Hey liebe Skisprung Fans 👋🏼 Wer direkt vom Buch SHEspringen kommt, findet hier nun das Interview mit Florian Porzig in voller Länge 🤩👇 Viel Spaß beim Lesen!

Zum Thema: Was ist SHEspringen?

Ja ihr habt richtig gelesen: #SHEspringen 😎 Und der Name ist Programm: Es ist eine, vom DSV und Plan International unterstützte, Kampagne. Hier stehen unsere Skisprung-Mädels aus dem Nationalteam im Spotlight. Dabei geht es um mehr „Schanzengleichheit“, mehr Gleichberechtigung auf der Schanze und auch abseits davon. Ihr werdet nicht nur mit tollen Bildern, sondern auch mit allerhand Insights, Fakten und Ansichten aus Interviews mit (ehemaligen) Athletinnen und Athleten, (ehemaligen) Trainern, Mannschaftsarzt und Sportpsychologen versorgt. Nun ist sogar ein großer schöner Bildband voller exklusiver Interviews und Bildern direkt aus dem Team entstanden. Wer also ein Geschenk sucht, um Mädchen Mut zu machen, um sich ein Bild von den Hürden für mehr Gleichberechtigung im Sport zu machen oder einfach unsere Skispringerinnen ganz nah und ehrlich kennenlernen will: Wir hätten da was für euch als kleines Weihnachtsgeschenk noch vor der Vierschanzentournee: Hier geht’s direkt zum Shop.

Vorab: Wer ist Florian Porzig?

Dr. Florian Porzig ist leitender Mannschaftsarzt im DSV, er betreute von 2009-2021 die Nationalmannschaft der Nordischen Kombinierer und ist seit 2021 für die Skisprung Nationalmannschaft zuständig. Er erläutert im nachfolgenden Interview die geschlechterspezifischen Unterschiede und Herausforderungen, denen die Skispringerinnen im Weltcup begegnen und welche Maßnahmen ergriffen werden können, um mehr Chancengleichheit im Training zu erreichen 💪💃

Florian, gibt es signifikante physische Unterschiede zwischen Skispringerinnen und Skispringern, die bei der Leistung im Sport eine Rolle spielen könnten? 

Ja, es gibt physische Unterschiede zwischen Mann und Frau. Es gibt prinzipiell vier Einflussfaktoren und physiologische Voraussetzungen, durch die sich die sportliche Leistungsfähigkeit von Frau und Mann unterscheiden. Zum einen ist die Muskelmasse und dadurch die Möglichkeit der Kraftentwicklung und der Kraftentfaltung beim Mann höher als bei der Frau. Außerdem ergibt sich durch das Körperverteilungsmuster ein anderer Fettanteil: Frauen haben einen höheren Fettanteil als Männer. Außerdem gibt es hormonelle Einflüsse, die in der Leistungsfähigkeit von Mann und Frau eine Rolle spielen. Und es gibt letztlich biomechanische Aspekte, die mit Blick auf die Leistungsentwicklung, aber auch bei den bestehenden Verletzungsgefahren eine Rolle spielen. 

Wie zeigt sich das konkret im Damen-Skispringen? Gehen die Sprünge weniger weit? 

Hauptfaktor ist hier die Kraft. Männer haben durch mehr Muskelmasse mehr Kraft. Sie sind so zu einer höheren Kraftentwicklung in der Lage. Wenn du beim Absprung mehr Kraft entwickelst, kannst du bei gleicher Technik und gleichem Anlauf natürlich weiter springen. 

Wie könnten diese physischen Unterschiede das Training und die Wettkampfvorbereitung für Frauen im Skispringen beeinflussen und welche Maßnahmen könnten ergriffen werden, um Chancengleichheit im Training zu gewährleisten? 

Das sind zwei Paar Schuhe. Das eine sind Fakten, wie sich Frauen und Männer physiologisch unterscheiden. Beide Geschlechter trainieren aber letztlich gleich: nämlich angepasst an das Individuum, um die individuellen Fähigkeiten zu verbessern. Dass die Maximalkraft als ein Faktor bei der Leistungsentfaltung individuell verschieden ist, ist klar. Das Kraftniveau, das eine Frau erreichen kann, wird immer niedriger sein, als das eines Mannes.
Es geht auch nicht darum, das kompensieren zu wollen, damit die Frau beim Skispringen genauso kraftvoll agieren kann wie der Mann. Vielmehr erhalten die Damen einfach ein bisschen mehr Anlauf, das ist am Ende der einzige Unterschied, im Training wie im Wettkampf. Diese Kompensationsmöglichkeit macht das Damenspringen attraktiv. 

Die genannten biomechanischen Aspekte bedeuten leider auch Unterschiede in der Verletzungshäufigkeit oder -anfälligkeit. Wir wissen zum Beispiel, dass Frauen ein breiteres Becken haben. Dadurch haben sie im Kniebereich eher eine X-Bein-Stellung. Das wiederum macht das Auftreten von Rupturen des vorderen Kreuzbandes bei Frauen im Vergleich zu Männern wahrscheinlicher. Das heißt: Allein aus diesem biomechanischen Aspekt heraus haben Frauen per se ein erhöhtes Risiko für Rupturen des vorderen Kreuzbandes, speziell im Skisprungsport. Natürlich kann man Prophylaxe betreiben: Man kann mit Koordinationstraining, propriozeptivem Training oder neuromuskulärem Training gegensteuern. Fakt bleibt: Frauen haben aufgrund biomechanischer Aspekte ein erhöhtes Verletzungsrisiko.

Der Skisprungsport ist bekanntlich kraft- und technikintensiv. Welche spezifischen physischen Fähigkeiten sind entscheidend für eine erfolgreiche Karriere im Skisprung und gibt es geschlechtsspezifische Aspekte, die bei der Förderung von Talenten berücksichtigt werden sollten? 

Zuallererst braucht man gute koordinative Fähigkeiten, außerdem braucht man, was die Körperkonstitution angeht, bestimmte genetische Voraussetzungen. Hinzu kommen mentale Fähigkeiten, Fleiß und natürlich einfach Talent für diesen hochkomplexen Sport Skisprung. Das sind alles Dinge ohne geschlechterspezifische Unterschiede. Die brauchen gute Skispringer wie Skispringerinnen gleichermaßen. 

Diese geschlechterspezifischen Unterschiede werden vor allem in Bezug auf Skifliegen diskutiert. Da geht es ja auch darum, was passieren kann, wenn eine Frau aus einer hohen Höhe stürzt. Kannst Du erklären, welche Bedenken es gibt und warum Frauen da verletzungsanfälliger sind? 

Das ist schwer zu beantworten, weil es glücklicherweise noch keinen signifikanten Sturz beim Skifliegen der Frauen gegeben hat. Wenn ein Sturz beim Skifliegen aus einer kritischen Höhe passiert, dann kann dies für Frauen und Männer gleichermaßen in schweren Verletzungen münden. Dann laufen viele Aspekte der Biomechanik zusammen, für beide Geschlechter kann das gefährlich werden. Dass das gleiche Sturzmuster bei einer Frau eher schwerwiegendere Verletzungen mit sich bringt als bei einem Mann, der mehr Muskelmasse besitzt, die bei einem Sturz puffernd wirken könnte, dafür fehlen uns, so zynisch das klingt, noch die Vergleichswerte. 

Wie würdest Du argumentieren, wenn es darum geht, dass das Skifliegen an sich für Frauen physisch eine größere Herausforderung ist? 

Da würde ich so argumentieren, dass die Radiuskräfte, die Landekräfte und die Luftwiderstandskräfte – also alle signifikanten Kräfte, die beim Skifliegen auf den Körper wirken – sich zwischen Mann und Frau nicht groß unterscheiden. Es wird so sein, dass Frauen im Vergleich zu den Männern mit mehr Anlauf fahren, um in die interessanten Weitenbereiche zu kommen und da zu landen, wo es sicher ist. Dadurch sind die Radius-, Lande- und Luftwiderstandskräfte sicherlich etwas höher. Aber da sind sich die Experten einig: Diese Risiken sind nahezu identisch und weitgehend kalkulierbar.

Darüber hinaus versucht die FIS über die Reglements bestehende Risiken zu minimieren. Einige Schanzen sind zum Beispiel geeigneter für Frauen, weil sie einen nicht so hohen Luftstand haben und der Auslauf flach verläuft. Zum Beispiel sind die die Luftstände in Vikersund oder in Oberstdorf mit sechs Metern nur etwa halb so hoch wie auf der Flugschanze am Kulm oder in Planica. Deshalb hatte die FIS die Premiere des Skifliegens der Frauen nach Vikersund vergeben – eine super Lösung, so betreibt man auch Verletzungsprophylaxe. Außerdem waren bei diesem letzten Weltcup der Saison 2022/23 auch nur die damals besten 15 der Weltcupgesamtwertung startberechtigt. Das heißt: nur die absoluten Topspringerinnen, die technisch versiert und physisch stark sind. Außerdem wurde die Sprungzeit vormittags so gewählt, dass in Vikersund relativ stabile Windbedingungen herrschten. So konnten bestehende Risiken gezielt reduziert werden. Wir müssen weitere Erfahrungen sammeln, aber insgesamt sehe ich für die Damen kein signifikant erhöhtes Risiko. 

Im Skispringen müssen die Voraussetzungen der Athletinnen allgemein berücksichtigt werden, aber in der Außendarstellung kann man diese physischen Voraussetzungen so kompensieren, dass es keinen Unterschied in der Gestaltung von Wettkämpfen oder so machen sollte. Ist das richtig? 

Ganz genau, so sehe ich es. Und zwar ohne Abstriche, denn das Publikum sieht nicht, ob die Damen drei Luken weiter oben starten oder nicht. 

Das heißt, dass man von außen eine gewisse geschlechtsneutrale Betrachtung vornehmen kann. Also klar, im Training muss jeder individuelle Aspekte berücksichtigen, aber das ist ja bei männlichen Athleten genauso. 

Das ist genau richtig. Springer A hat ein anderes Trainingsprogramm als Springer B und so hat Springerin A eben auch ein anderes Trainingsprogramm als Springerin B. 

Welche Fortschritte wurden in den letzten Jahren hinsichtlich der Anerkennung von geschlechtsspezifischen physischen Unterschieden im Skisprung gemacht, und was könnten die nächsten Schritte sein, um eine faire und gleiche Bewertung der Leistung zu gewährleisten? 

Ich bin positiv überrascht. Ich werde relativ wenig auf die Unterschiede bezüglich der Leistungsfähigkeit angesprochen. Ich finde es super, wie sich der Damen-Skisprungsport entwickelt hat. In meinen Augen ging es schneller als gedacht. Die Akzeptanz ist hoch, die Damen agieren in vielen Bereichen auf Augenhöhe mit dem Männerskisprung. Sowohl bei der Unterstützung auf Verbandsebene, als auch in der öffentlichen Wahrnehmung. 

Das Zweite ist, dass es eben Unterschiede zwischen Mann und Frau gibt. Darüber wurde medial viel berichtet, auch dass es beispielsweise ein zyklusgesteuertes Training gibt. An manchen Tagen geht’s halt mal nicht – diesbezüglich sind die meisten Trainerinnen und Trainer von Damenteams mittlerweile sehr aufgeschlossen und sensibilisiert.

Ich finde es super, dass Männer und Frauen in immer mehr Weltcuporten gemeinsam antreten. Durch diesen allgemeinen Aufschwung des Damenskisprungs haben sich die Trainingsbedingungen verbessert und Materialanpassungen sowie Reglementänderungen passieren mittlerweile synchronisierter. Das alles trägt zur Gleichberechtigung bei und sorgt für eine positive Entwicklung des Damenskispringens.

„SHESPRINGEN“ – Das Buch: Worum geht’s sonst noch neben dem Interview von Florian Porzig?

Wir begeben uns mit diesem emotionalen Bildband in die Welt der Skispringerinnen: Niedrigere Preisgelder, ein durch Männer dominiertes Sportsystem, Vorurteile und weniger Weltcups begegnen den Skispringerinnen heute. Und dennoch gab es gerade in diesen letzten Jahren auch laute und starke Befürworter, Entwicklungen, wie die Raw Air der Damen und das erste ausgetragene Skifliegen für die Damen. Es ist eine Zeit des Umbruchs gewesen und wird es weiterhin sein. Denn unser Damen-Team ist cool, stark und ein großartiges Vorbild für kleine Mädchen, für andere Disziplinen und nicht zuletzt auch für uns. Genau diesen Weg voller Herausforderungen, Erfolge und Veränderungen haben wir nun zwei Jahre lang auch im DSV besonders genau betrachtet 📸 und gemeinsam mit Plan International gepusht und dokumentiert. Die spannendsten und persönlichen Bilder haben wir auf ihrem Weg hin zur „Schanzengleichheit“ in einem Buch nun zusammengefasst; viele Meilensteine und Fakten auch digital gesammelt. (Tipp für alle Instagrammer: checkt mal den Hashtag #SHESPRINGEN)

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Im Buch erfahren wir, was sich in den letzten 14 Jahren Damen-Skispringen verändert hat: Welche Hürden überwunden und welche Durchbrüche und Siege bereits durch die Einführung von Mixed-Team-Wettbewerben, der Forderung einer Vierschanzentournee für Frauen und der Ladies Two Nights Tour erreicht wurden 🏆 Außerdem bekommen wir, durch exklusive Interviews mit herausragenden Persönlichkeiten des Skispringens wie Katharina Schmid, den Freitag-Geschwistern und Sportpsychologen, auch detaillierte Einblicke in besondere Momente, Erfolgsgeschichten und Ideen für die Zukunft 👀 Wir lernen das Weltcup-Team der DSV-Skispringerinnen den Jahren 2022-24 mit ihren persönlichen Ansichten kennen und setzen uns mit den Grenzen der Physis und den Stärken der Psyche auseinander 💪 Natürlich wird auch die öffentliche Wahrnehmung, deren Einfluss und die Unterschiede zum Skisprung-Weltcup der Herren Thema sein. Und was mag die Zukunft für diesen fabelhaften Sport bringen? Das Damen-Skispringen, wie wir es heute kennen, hat bereits jetzt viele zukünftige Athletinnen inspiriert und Erfolgsgeschichten geschaffen, die wir nie vergessen werden. Überzeugt euch mit einem Blick ins Buch „SHESPRINGEN“ selbst davon, hier gelangt ihr direkt zum Onlineshop 🤩 Es ist ein Buch voller Bilder, Inspirationen und Fakten. Ein Buch, wie es von Heldinnen und großartigen Menschen im Sport des Skispringens geschrieben wurde.

Na hat euch das Interview Lust auf mehr gemacht? Dann geht’s hier gleich zu den Nächsten 👀

Interview mit Katharina Schmid, Kai Engbert, Carina Vogt, Andreas Bauer, Anna Rupprecht, Maximilian Mechler, Pauline Heßler, Luisa Görlich, Selina & Richard Freitag, Karl Geiger.


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