Hey liebe Skisprung Fans 👋🏼 Wer direkt vom Buch SHEspringen kommt, findet hier nun das Interview mit Pauline Hessler in voller Länge 🤩👇 Viel Spaß beim Lesen!
Zum Thema: Was ist SHEspringen?
Ja ihr habt richtig gelesen: #SHEspringen 😎 Und der Name ist Programm: Es ist eine, vom DSV und Plan International unterstützte, Kampagne. Hier stehen unsere Skisprung-Mädels aus dem Nationalteam im Spotlight. Dabei geht es um mehr „Schanzengleichheit“, mehr Gleichberechtigung auf der Schanze und auch abseits davon. Ihr werdet nicht nur mit tollen Bildern, sondern auch mit allerhand Insights, Fakten und Ansichten aus Interviews mit (ehemaligen) Athletinnen und Athleten, (ehemaligen) Trainern, Mannschaftsarzt und Sportpsychologen versorgt. Nun ist sogar ein großer schöner Bildband voller exklusiver Interviews und Bildern direkt aus dem Team entstanden. Wer also ein Geschenk sucht, um Mädchen Mut zu machen, um sich ein Bild von den Hürden für mehr Gleichberechtigung im Sport zu machen oder einfach unsere Skispringerinnen ganz nah und ehrlich kennenlernen will: Wir hätten da was für euch als kleines Weihnachtsgeschenk noch vor der Vierschanzentournee: Hier geht’s direkt zum Shop.
Vorab: Wer ist Pauline Hessler?
Die Skispringerin Pauline Heßler feierte Anfang 2023 ihr WM-Debüt auf der Großschanze in Planica und fliegt nun weiter für das deutsche Damen-Skisprung-Team. Ein nächster Traum wäre die Vierschanzentournee der Damen – wie sie zur Debatte steht und was eine solche Tournee für die Damen bedeuten würde, erfahrt ihr im nachfolgenden Interview 👀
Pauline, wie hast Du persönlich die Entwicklung des Damen-Skispringens miterlebt, seit Du mit dem Sport begonnen hast?
Als ich im Kindesalter angefangen habe, bin ich noch gegen die Jungs gesprungen. Da gab es noch gar keine Mädchen- oder Damen-Klassen. Ich war immer zum Zuschauen in Bischofsgrün und Pöhla beim Continentalcup, das war damals die höchste Wettkampfserie bei den Damen. Da habe ich meinen Helm mitgenommen und Unterschriften gesammelt. Als ich älter wurde, habe ich immer mehr mitbekommen, wie gekämpft wird, dass die Frauen im Weltcup mitspringen und zu den Olympischen Spielen dürfen. Das war schon immer eher mit einem Kampf verbunden als selbstverständlich, bis es für uns auch soweit war.
Hast Du selbst spezielle Herausforderungen während Deiner Karriere als Skispringerin aufgrund der geschlechtsspezifischen Unterschiede erlebt?
Ich glaube, die Einstellung “Das machen doch nur die Männer” oder “Das können doch nur Männer” ist immer noch in unserer Gesellschaft verankert. Deshalb muss man zeigen, dass wir das genauso können.
Eure Disziplin hat sich ja mittlerweile deutlich weiterentwickelt. Abgesehen vom Skifliegen habt Ihr genauso viele WM-Entscheidungen wie die Herren, ihr seid bei Olympia dabei. Der nächste Schritt wäre jetzt eine eigene Vierschanzentournee. Welche Bedeutung hätte eine solche Tournee für das Damen-Skispringen?
Wenn es dann wirklich mal so kommen sollte, würde das bedeuten, dass wir ein weiteres Ziel erreicht hätten, dass bei den Wettkampfformaten kein Unterschied mehr zwischen den Geschlechtern besteht. Aber ich glaube, das dauert noch ein bisschen, das müssen auch alle vier Tournee-Veranstalter wollen. Es geht ja nicht nur um den Sport. Da steckt auch Sportpolitik dahinter. Es gibt Herausforderungen, die einer Vierschanzentournee der Damen noch im Weg stehen.
Wie gestaltet sich Euer Weg dahin? Wie nehmt Ihr die Debatte zu einer möglichen Tournee wahr?
Die Debatte ist für mich nicht anstrengend, man muss sich nur immer wieder wundern und rechtfertigen. Ich merke, dass die deutschen Vertreter da wirklich hinterher sind, dass wir zur Tournee kommen. Woran es jetzt auch noch hängen mag, ich habe aufgehört, unseren ersten Tourneestart ständig zu hinterfragen – irgendwann schaltet man einfach ab, sonst wird es doch zu anstrengend.
Gibt es spezifische Unterschiede im Training zwischen Skispringerinnen und Skispringern?
Nein, da gibt es keine relevanten Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Wir trainieren genauso wie die Männer und die Männer trainieren genauso wie wir Frauen. Da werden sowohl im Krafttraining als auch in der Athletik und beim Training an der Schanze keine Unterschiede gemacht.
Welche Bedeutung hätte eine Vierschanzentournee für das Damen-Skispringen?
Dass man uns die gleiche Plattform gibt und es viel weitreichender gesehen wird. Wir trainieren genauso viel, genauso hart, können genauso Skispringen wie die Herren und springen inzwischen auch die selben Schanzen – von der 90-Meter-Schanze bis zum Skifliegen. Darauf müssen wir noch mehr aufmerksam machen. Wir werden wahrgenommen, das ist schon viel besser geworden, aber die letzten Prozent zu den Männern fehlen doch noch. Das könnte man beispielsweise so lösen, dass wir im Weltcup öfter mit den Männern unterwegs sind, sodass Männlein und Weiblein am selben Ort springen. Dann würden wir die gleiche mediale Aufmerksamkeit erhalten wie die Männer.
Wie hast Du Euer erstes Skifliegen erlebt?
Ich habe das erste Skifliegen als Zuschauerin erlebt und bin froh, dass ich in Norwegen geblieben bin und die Teamkolleginnen unterstützt habe. Denn Vikersund war der nächste Schritt und hier dabei zu sein, war schon der Wahnsinn, weil wir dafür sehr lange gekämpft haben.
Ein sehr emotionaler Moment war auch, als wir uns dafür eingesetzt haben, dass Yuki Ito fliegen durfte, obwohl sie das Startrecht eigentlich knapp verpasst hatte. Als sie dann ihren ersten Flug gemacht hat, hatte ich Tränen in den Augen.
Wie wirken sich nach Eurem Empfinden physiologische und psychologische Aspekte auf das Skifliegen aus, insbesondere in Bezug auf weibliche Athletinnen (wird ja oft als Argument genannt, warum Ihr nicht fliegen solltet)?
Das sind hergeholte Argumente, dass Frauen nicht Skifliegen sollten. Was Quatsch ist. Klar sind wir vom Körperbau anders als Männer, trotzdem können wir genauso gut Skifliegen. Das Sturzargument trägt auch nicht: Bei den Männern sind schon so viele Athleten richtig schlimm gestürzt, deshalb verbietet man ihnen das Skifliegen aber auch nicht. Natürlich sind wir froh, dass beim ersten Skifliegen der Damen nichts passiert ist – hätten wir andernfalls trotzdem die Chance gehabt, diesen Winter auch wieder zu fliegen?
Wie geht man mit Kritik und Skepsis in Bezug auf das Skifliegen um?
Wir haben ja gezeigt, dass wir Skifliegen können, sicher und weit. Skepsis nehme ich hin, mit Kritik setze ich mich auseinander – im besten Fall zeigen wir, dass beides unangebracht ist.
Wie schätzt Du die aktuelle TV-Abdeckung des Damen-Skispringens ein?
Die TV-Abdeckung ist schon besser geworden, da geht aber noch mehr. In der letzten Saison war es schwierig, wenn Fußball oder Männerskispringen parallel liefen. Mitunter konnte man Frauen nur bei Eurosport 2 sehen, also nicht einmal im Free-TV – das ist ganz sicher kritikwürdig. Die meisten TV-Zuschauer zahlen eben nicht dafür, um sich ein Skispringen anzusehen. Wenn wir in die guten TV-Zeiten reinkommen, würde das dazu führen, dass wir auch mehr gesehen werden. Heutzutage ist Social Media ein ganz wichtiger Darstellungsbereich, wo man auch stattfinden und zeigen muss, wie wir unterwegs sind und unsere Wettkämpfe bestreiten. Das betrifft uns als Aktive und natürlich auch die Skiverbände weltweit. Zusammen müssen wir für mediale Aufmerksamkeit sorgen.
Wie steht es um die Entlohnung von Skispringerinnen im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen?
Wir sind noch nicht da, wo die Männer sind, wir sind aber auf einem guten Weg dahin. Aber wir müssen noch sehr dafür kämpfen, dass wir genauso bezahlt werden wie die Männer, gerade was das Preisgeld anbelangt. Es ist schade, dass weiterhin so große Unterschiede bestehen. Nur weil wir Frauen sind, bekommen wir weniger Geld. Das kann ich nicht nachvollziehen, weil wir denselben Sport ausüben. Das betrifft nicht nur unsere Sportart, das gilt auch für viele andere Sportarten, bis hin zum Frauenfußball. Wir müssen weiter für einheitliche Preisgelder kämpfen.
Welche Schritte könnten unternommen werden, um den Gender Pay Gap im Skisprung und im Sport allgemein zu verringern?
Wichtig wäre, dass bei der FIS und bei jenen, die Preisgelder zahlen, Verständnis aufgebaut wird, dass Frauen – egal in welchem Sport – genau dasselbe leisten wie die Männer. Und entweder einigt man sich, dass es bei den Männern ein bisschen weniger gibt, oder dass die Frauen genauso viel bekommen wie die Männer. Bei der ersten Variante würden sich die Männer beschweren, aber irgendwie muss man sich einig werden. So wie es jetzt ist, ist es unfair. Ich würde schon sagen, dass die Männer von ihrem Sport leben können, wenn sie richtig gut sind. Bei uns ist das noch nicht möglich.
Siehst du die Entwicklung des Damen-Skispringens als Konkurrenz oder als Ergänzung zum Herren-Skisprung?
Ich hoffe, dass es eine Ergänzung ist und kein Konkurrenzdenken entsteht. Denn am Ende profitieren wir alle voneinander, die Damen von den Herren und die Herren von den Damen. Genau so sollte es letztendlich sein: gemeinsam ans Ziel kommen und einen gemeinsamen Nenner finden.
Wie ist Euer Wunsch zur Zusammenarbeit oder Gleichstellung mit den Herren? In welchem Verhältnis würdet Ihr Euch gerne zum Herren-Springen sehen?
Ich fände es cool, wenn wir im Winter mehr Wettkämpfe zusammen mit den Herren hätten, auch am gleichen Tag. So könnten wir auch wieder von den Herren profitieren, gerade bezüglich Fernsehzeit und Zuschauern. Unsere Disziplin würde weiter in den Vordergrund gerückt.
Ich denke auch an gemeinsame Trainingslehrgänge mit den Herren: Da ist Norwegen der Spitzenreiter, die bestreiten auch im Sommer alle Vorbereitungskurse mit den Herren zusammen. Das wäre ein weiterer wichtiger Schritt. Auch wir machen schon Lehrgänge mit den Herren und das wird von Jahr zu Jahr auch immer mehr.
Wie wichtig ist der Teamgeist im Damen-Skisprung und wie trägt er zur Weiterentwicklung des Sports bei?
Der Teamgeist ist das Allerwichtigste. Gerade bei uns hat man ja gesehen, was möglich ist, wenn wir als Team stark sind, zueinander halten und uns gegenseitig unterstützen. Das hat man in der ganzen Saison und auch in Planica gesehen. Das wäre ohne das passende Drumherum nicht möglich gewesen. So können wir uns gut auf den Sport fokussieren und wissen, dass wir im Team keine schlechte Stimmung oder störendes Konkurrenzdenken haben, auch wenn es eine Einzelsportart ist.
Die Kampagne #SHEspringen, wie steht ihr dazu?
Ich finde, es ist eine coole Kampagne und ich hoffe, dass sie weitergeht und es verbreitet wird, dass wir Skispringen können. Auch wir stecken inklusive vieler Tränen alles rein, um uns unsere Träume zu erfüllen.
Welche Botschaften würdet Ihr über solche oder ähnliche Kampagnen gerne nach außen kommunizieren?
Dass jeder seine Ziele erreichen kann, egal ob Männlein oder Weiblein. Dass wir Frauen genauso für unsere Ziele geradestehen und voranschreiten wollen.
Sind Themen wie Menstruation und Gewicht bei Euch noch Tabu?
Menstruation und Gewicht sind weiterhin schwierige Themen, aber das hat nicht nur etwas mit dem Sport zu tun, sondern mit der Gesellschaft insgesamt. Deswegen finde ich es gut, dass diese Themen angesprochen werden und man sich damit nicht mehr verstecken muss.
Wir betreiben trotzdem einen sehr feinfühligen Sport, weshalb gerade die Periode schnell einen Strich durch die Rechnung machen kann. Insbesondere an den ersten Tagen fühlen sich viele Frauen einfach etwas schlapp. Genau dann ist es wichtig darüber zu reden, gerade wenn ein Wettkampf oder Training nicht so läuft wie geplant. Mit unseren Trainern können wir offen darüber reden. Vielleicht wurde das Tabuthema Menstruation schon letzten Winter gebrochen, auch in anderen Sportarten hört man immer mehr davon. Das ist auf jeden Fall wichtig und richtig.
Das Gewicht ist natürlich in unserer Sportart ein Thema. Ich finde, dass man nicht darauf fokussieren, sondern Sportlerinnen und Sportler so nehmen sollte, wie sie sind: Die einen eher ein “Strich in der Landschaft” und die anderen haben eben ein bisschen mehr zu tragen. Hauptsache wir sind gesund.
Welche Träume und Ziele habt Ihr als Team für die Zukunft des Damen-Skispringens?
Wir wollen bei den Großereignissen genau dieselben Wettkämpfe haben wie die Herren. Und das Skifliegen soll im Damen-Weltcupkalender etabliert werden. Dass wir eine komplette Vierschanzentournee absolvieren und nicht nur eine mit zwei Stationen. Ich denke, das sieht für nächstes Jahr auch schon deutlich besser aus – das wäre das i-Tüpfelchen. Das ist das, worauf wir gerade am meisten hinarbeiten. Wenn das geschafft ist, ist wieder eine Hürde genommen – das ist einer unserer größten Träume, die wir noch haben.
Welche Ängste und Unsicherheiten habt Ihr, wie gehst Du persönlich und wie Ihr als Team damit um?
Wir haben aktuelle Debatten zum Skisport im Klimawandel oder über Kosten für die deutschen sportwissenschaftlichen Institute FES und IAT, die auch uns in der Materialtechnik und Trainingsanalytik weit reichend unterstützen und deren Bundesmittel gekürzt werden sollen. Man hofft natürlich immer auf die bestmögliche Entwicklung für den Sport und versucht seinen Beitrag dazu zu leisten. Aber man merkt, dass es gerade andere, krassere Themen wie internationale Konflikte sportpolitische Debatten überlagern. Der Klimawandel verändert auch den Wintersport. Wir betreiben unsere Disziplin im Sommer wie im Winter – vielleicht machen wir das eines Tages nur noch auf Matten.
„SHESPRINGEN“ – Das Buch: Worum geht’s sonst noch neben dem Interview von Pauline Heßler?
Wir begeben uns mit diesem emotionalen Bildband in die Welt der Skispringerinnen: Niedrigere Preisgelder, ein durch Männer dominiertes Sportsystem, Vorurteile und weniger Weltcups begegnen den Skispringerinnen heute. Und dennoch gab es gerade in diesen letzten Jahren auch laute und starke Befürworter, Entwicklungen, wie die Raw Air der Damen und das erste ausgetragene Skifliegen für die Damen. Es ist eine Zeit des Umbruchs gewesen und wird es weiterhin sein. Denn unser Damen-Team ist cool, stark und ein großartiges Vorbild für kleine Mädchen, für andere Disziplinen und nicht zuletzt auch für uns. Genau diesen Weg voller Herausforderungen, Erfolge und Veränderungen haben wir nun zwei Jahre lang auch im DSV besonders genau betrachtet 📸 und gemeinsam mit Plan International gepusht und dokumentiert. Die spannendsten und persönlichen Bilder haben wir auf ihrem Weg hin zur „Schanzengleichheit“ in einem Buch nun zusammengefasst; viele Meilensteine und Fakten auch digital gesammelt. (Tipp für alle Instagrammer: checkt mal den Hashtag #SHESPRINGEN)
Im Buch erfahren wir, was sich in den letzten 14 Jahren Damen-Skispringen verändert hat: Welche Hürden überwunden und welche Durchbrüche und Siege bereits durch die Einführung von Mixed-Team-Wettbewerben, der Forderung einer Vierschanzentournee für Frauen und der Ladies Two Nights Tour erreicht wurden 🏆 Außerdem bekommen wir, durch exklusive Interviews mit herausragenden Persönlichkeiten des Skispringens wie Katharina Schmid, den Freitag-Geschwistern und Sportpsychologen, auch detaillierte Einblicke in besondere Momente, Erfolgsgeschichten und Ideen für die Zukunft 👀 Wir lernen das Weltcup-Team der DSV-Skispringerinnen den Jahren 2022-24 mit ihren persönlichen Ansichten kennen und setzen uns mit den Grenzen der Physis und den Stärken der Psyche auseinander 💪 Natürlich wird auch die öffentliche Wahrnehmung, deren Einfluss und die Unterschiede zum Skisprung-Weltcup der Herren Thema sein. Und was mag die Zukunft für diesen fabelhaften Sport bringen? Das Damen-Skispringen, wie wir es heute kennen, hat bereits jetzt viele zukünftige Athletinnen inspiriert und Erfolgsgeschichten geschaffen, die wir nie vergessen werden. Überzeugt euch mit einem Blick ins Buch „SHESPRINGEN“ selbst davon, hier gelangt ihr direkt zum Onlineshop 🤩 Es ist ein Buch voller Bilder, Inspirationen und Fakten. Ein Buch, wie es von Heldinnen und großartigen Menschen im Sport des Skispringens geschrieben wurde.
Na hat euch das Interview Lust auf mehr gemacht? Dann geht’s hier gleich zu den Nächsten 👀
Interview mit Katharina Schmid, Kai Engbert, Carina Vogt, Andreas Bauer, Anna Rupprecht, Florian Porzig, Maximilian Mechler, Luisa Görlich, Selina & Richard Freitag, Karl Geiger.